In der 12. Klasse hatten wir einen „Berufseignungstest“. In diesem sollten wir auf mehreren Seiten Dinge ankreuzen. Wochen später bekamen wir dann das Ergebnis in einem verklebten Umschlag (waaaaahnsinnig wichtig).

Und für welchen Beruf war ich am besten geeignet?

Töpferin.

Nein, das ist kein Witz. Das kam heraus, bei einem höchst professionellen Test, der mit großen Aufwand betrieben wurde. Irgendwo hat der Staat tatsächlich einen Haufen Geld bezahlt, um 17- und 18jährigen die Berufsfindung zu „erleichtern“, indem man sie fragt, was sie so können und wissen.

Nur: dummerweise können 17- bis 18jährige noch so gut wie gar nichts.

Das soll nicht beleidigend klingen, es ist nur die Wahrheit. Klar, man kann Rechtschreibung und Geometrie und ein bisschen Geschichte und ein bisschen Physik. Alles sehr nützliche Sachen, die man in jedem Beruf braucht.

Aber das, was Berufsbilder eigentlich ausmacht, damit hatte man noch nie zu tun. Wie kann man einem Schüler die Frage vorsetzen „Könnten Sie sich vorstellen, beratende Verkaufsgespräche zu führen?“

95% aller Schüler haben noch nie etwas verkauft. Oder gekellnert. Oder repariert. Gelehrt. Erzogen. Entworfen. Designt. Kalkuliert. Reportagen geschrieben. Soziale Netzwerke geknüpft. Programmiert. Mit Kranken gearbeitet. Undsoweiter.

Bloß, weil man es sich als 17-jähriger nicht vorstellen kann, heißt das nicht, dass man es nicht kann. Es könnte sogar sehr geil sein. Und diese Tests spucken leider nur die Berufe aus, die man sich selbst zutraut – als ahnungsloser 17-jähriger.

Kinder, ihr wisst ja gar nicht, was ihr noch alles für Berge bezwingen werdet!

In meinem Fall kam das Ergebnis „Töpferin“ zustande, weil ich im kreativen Bereich besonders oft „ja“ angekreuzt habe. Im Bereich Verkauf hatte ich die niedrigste Punktzahl.

Während der Arbeitssuche habe ich dann später auf dem Wochenmarkt gearbeitet. Oh, was ich plötzlich beratende Verkaufsgespräche zum  Thema Käse führen konnte! Und es hat auch noch Spaß gemacht.

In der Schule lernt man nichts, was einen auf irgendeinen Beruf vorbereitet. Die Fächer, in denen man in der Schule unheimlich schlecht war, könnten sogar zum Beruf werden – weil z.B. Schulmathematik mit dem Beruf des Mathematikers nichts zu tun hat. Die Schule repräsentiert nicht das Leben. In keinem Bereich.

Was soll man also tun?

Das, was einen interessiert. Es gibt in jedem Zweig Berufe, mit denen man seine Miete bezahlen kann. Und die Leute, die einem bei der Berufswahl „gut zureden“ wollen, kennen sich damit überhaupt nicht aus.

Das war das Wort zum Sonntag.

PS: Was für ein beknackter Berufseignungstest rät eigentlich 12-Klässlern auf dem Gymnasium dazu, Töpfer oder Verkäufer oder Kellner als Beruf anzupeilen? Und wer würde das tatsächlich machen, nachdem er 12  Jahre die Schulbank gedrückt hat?