Neulich traf ich auf der Arbeit eine 16-jährige Schülerin. Die war im Labor beim Anblick von Schweineblut umgekippt und ziemlich zittrig. Also habe ich versucht, sie etwas abzulenken, indem ich sie nach ihren Zukunftsplänen gefragt habe.
Sie hätte noch keine, sagte sie. Alle anderen in ihrer Klasse wüssten schon genau, was sie machen wollten, nur sie wäre noch völlig unentschlossen.
Da musste ich mal darüber nachdenken, wie mir die Berufswelt vorkam, als ich in dem Alter war. Nämlich völlig rätselhaft. Ein riesiges Nebelfeld, aus dem ein paar unattraktive Optionen hervorragten (Steuerberater, Banker, BWL, Journalismus, Kommunikationsdesign, Architektur). Im Rückblick kann ich folgendes sagen:
- Kein Mensch – nicht das Arbeitsamt, nicht die Eltern, nicht die Berufsberatung – erzählt Kindern und Jugendlichen wirklich, wie viele hundert Studien – und Ausbildungsberufe es gibt.
- Alle diese Ausbildungen und Studienabschlüsse führen dann zu weiteren tausenden einzelner Richtungen, die man einschlagen kann.
- Ergo: es gibt tausende von Berufen, von denen Schulabgänger noch nicht einmal gehört haben.
- Es gibt hunderte von Berufen, von denen man leben kann, bei denen die Eltern aber die Hände überm Kopf zusammenschlagen („Um Himmels Willen, Kind, du eine Schauspielausbildung machen? Davon kann man doch nicht leben!!“). Stimmt aber nicht. Eine Menge Leute leben davon.
Desweiteren:
5. Viele Erwachsene in meinem Alter haben nicht EINEN Beruf. Sondern zwei halbe. Vielleicht einen festen und einen selbständigen auf ganz verschiedenen Gebieten. So ist das heutzutage – nicht weil sie müssen, sondern weil Abwechslung toll ist.
6. Jeder Mensch hat mindestens 3 Gebiete, in denen er glücklich werden kann. Wenn irgendein 16-jähriger sagt „Ich muss unbedingt das-und-das machen, sonst sterbe ich“, dann verbaut er sich alles andere. Und unrecht hat er auch noch.
Im nächsten Post geht’s weiter. Dann kommt ein Schwank aus meiner Jugend zum Thema Berufsberatung. Was haben wir gelacht.
Bis denn.